Laut Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 26. Januar 2024 wurde die Rolle des Verwalters innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) deutlich geschärft. Die Entscheidung, die unter dem Aktenzeichen V ZR 162/22 erging, setzt neue Maßstäbe für die Überwachungspflichten bei Erhaltungsmaßnahmen des Gemeinschaftseigentums.
Der konkrete Fall betraf eine WEG, die einen Werkunternehmer mit der Erneuerung ihres Daches beauftragte, ein Projekt im Wert von über 100.000 Euro. Der Verwalter der Gemeinschaft führte im Zuge dessen Abschlagszahlungen für Material, das noch beschafft werden musste, durch. Später leistete er weitere Zahlungen ohne vorliegende Rechnungen. Als das Projekt zu etwa 90% abgeschlossen war, stoppten die Arbeiten unerwartet, und die WEG stand
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vor einem unvollendeten Dach und einer beträchtlichen finanziellen Belastung. Infolgedessen verklagte sie den Verwalter auf Schadensersatz und bot an, im Gegenzug die Ansprüche gegen den Unternehmer an ihn abzutreten.
Der BGH stellte in seinem Urteil klar, dass
der Verwalter in seiner Funktion ähnlich wie ein Bauherr die Pflicht hat, sowohl die Ausführung als auch die finanziellen Aspekte der Erhaltungsmaßnahmen zu überwachen. Dies umfasst eine genaue Prüfung von Leistungsnachweisen und Rechnungen, bevor Zahlungen geleistet werden. Im verhandelten Fall wurde der Verwalter dieser Pflicht nicht gerecht, als er Zahlungen tätigte, ohne die entsprechenden Rechnungen eingehend zu prüfen und den Baufortschritt zu berücksichtigen.
Der BGH ging noch einen Schritt weiter und betonte, dass Unwissenheit seitens des Verwalters keine Entschuldigung darstellt. Insbesondere dann nicht, wenn es um komplexe, kostenintensive Baumaßnahmen geht. Der Verwalter hätte die Wohnungseigentümer darüber informieren müssen, dass ihm die notwendigen Fachkenntnisse fehlen, um eine fachgerechte Überwachung zu gewährleisten. Dies hätte die Möglichkeit geboten, durch einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft einen Fachmann hinzuzuziehen, was letztlich Schäden verhindert hätte.
Die Entscheidung des BGH sendet ein klares Signal an alle Verwalter und die sie beauftragenden WEGs: Es reicht nicht aus, lediglich administrative Aufgaben zu übernehmen. Vielmehr müssen Verwalter eine aktive, sachkundige Rolle in der Überwachung von Baumaßnahmen und ähnlichen Projekten einnehmen. Das Gericht stellt heraus, dass bei Unklarheiten oder mangelndem Know-how die Hinzuziehung von Experten nicht nur ratsam, sondern erforderlich ist. Mit diesem Urteil wird die Verantwortlichkeit des Verwalters für das Gemeinschaftseigentum gestärkt und der professionelle Anspruch an diese Position deutlich erhöht.
In Anlehnung an ein altes Sprichwort schließt der BGH seine Ausführungen mit einer klaren Botschaft: Ein Verwalter sollte sich seiner Grenzen bewusst sein und bei Bedarf Expertise von außen holen – sprichwörtlich gesagt: „Schuster, bleib bei deinen Leisten.“ Diese Entscheidung wird zweifelsohne die Praxis der Verwaltung von Wohnungseigentum in Deutschland nachhaltig beeinflussen und könnte weitreichende Folgen für die Branche haben.
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