von Dr. Thomas Hansen

26. Apr 2024

BGH, Urteil vom 9.2.2024 - V ZR 33/23

Wird eine bauliche Veränderung einer sogenannten privilegierten Maßnahme im Sinne des § 20 Abs. 2 WEG verwirklicht, ist typischerweise keine grundlegende Umgestaltung der Wohnungseigentumsanlage anzunehmen.

Der Fall

Einem Wohnungseigentümer wird nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG gestattet, eine Rampe als barrierefreien Zugang sowie eine etwa 65 cm aufzuschüttende Terrasse zu errichten und ein Doppelfenster im Wohnzimmer durch eine verschließbare Tür zu ersetzen. Fraglich ist, ob der Beschluss anfechtbar ist, weil die bauliche Veränderung zu einer „grundlegenden Umgestaltung" i.S.v. § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Fall 1 WEG führt.

Die Entscheidung

Eine grundlegende Umgestaltung ist laut BGH bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zwecks i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, typischerweise nicht anzunehmen.

Der Privilegierung ist bei der Prüfung im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen. Da die bauliche Veränderung im Fall dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient, bedarf es einer Begründung, warum ausnahmsweise die beschlossenen Maßnahmen zu einer grundlegenden Umgestaltung führten. Hieran fehlte es.

Gestattet wurde die Errichtung eines untergeordneten Anbaus an ein bestehendes Gebäude einer Mehrhausanlage, wobei die Errichtung einer Terrasse schon nach der Gemeinschaftsordnung erlaubt war.

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Anmerkung

Wann im Rahmen einer baulichen Veränderung eine grundlegende Umgestaltung anzunehmen ist, ist in erster Linie eine Frage des Einzelfalls, den ein Richter im Rahmen eines Rechtsstreits zu beurteilen hat. Bei einer sog. privilegierten Maßnahme nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG liegt sie aber in der Regel nicht vor und Ausnahmen dürften sehr selten sein.

Ganz im Sinne der Gesetzesreform im Dezember 2020 ist es damit gerade für die Eigentümer, die die privilegierten baulichen Veränderungen umsetzen möchten, leichter geworden und kritische Eigen-tümer in der Gemeinschaft müssen regelmäßig zurückstehen. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die den Menschen mit Behinderungen dienen, also den Aufzug (siehe auch BGH 9.2.2024 – V ZR 244/22) und, wie hier, die Rampe, aber wohl auch den Treppenlift. 


Dr. Thomas Hansen

IKB Fachanwälte, Berlin

geboren 1966 in Aachen, Studium und Referendariat in Würzburg und Frankfurt am Main, angestellter Rechtsanwalt 1998 in Frankfurt/Main und Berlin, selbständig seit 2004, Fachanwalt für für Miet- und WEG-Recht seit 2008, Prüfer bei der IHK Berlin.

Dr. Thomas Hansen wirkt am Nomos “Stichwortkommentar Wohnungseigentumsrecht” unter der Leitung von RiKG a.D. Dr. Elzer mit. Das Buch kann beim Verlag hier bestellt werden. Er ist eine Gemeinschaftsarbeit von insgesamt 33 auf das WEG-Recht spezialisierten Juristen.

Der Kommentar bietet einen schnellen und umfassenden Zugriff auf das seit 01.12.2020 umfangreich geänderte neue Wohnungseigentumsrecht.

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