Wird eine bauliche Veränderung einer sogenannten privilegierten Maßnahme im Sinne des § 20 Abs. 2 WEG verwirklicht, ist typischerweise keine grundlegende Umgestaltung der Wohnungseigentumsanlage anzunehmen.
Einem Wohnungseigentümer wird nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WEG gestattet, eine Rampe als barrierefreien Zugang sowie eine etwa 65 cm aufzuschüttende Terrasse zu errichten und ein Doppelfenster im Wohnzimmer durch eine verschließbare Tür zu ersetzen. Fraglich ist, ob der Beschluss anfechtbar ist, weil die bauliche Veränderung zu einer „grundlegenden Umgestaltung" i.S.v. § 20 Abs. 4 Halbs. 1 Fall 1 WEG führt.
Eine grundlegende Umgestaltung ist laut BGH bei einer Maßnahme, die der Verwirklichung eines Zwecks i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG dient, typischerweise nicht anzunehmen.
Der Privilegierung ist bei der Prüfung im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses Rechnung zu tragen. Da die bauliche Veränderung im Fall dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient, bedarf es einer Begründung, warum ausnahmsweise die beschlossenen Maßnahmen zu einer grundlegenden Umgestaltung führten. Hieran fehlte es.
Gestattet wurde die Errichtung eines untergeordneten Anbaus an ein bestehendes Gebäude einer Mehrhausanlage, wobei die Errichtung einer Terrasse schon nach der Gemeinschaftsordnung erlaubt war.
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Wann im Rahmen einer baulichen Veränderung eine grundlegende Umgestaltung anzunehmen ist, ist in erster Linie eine Frage des Einzelfalls, den ein Richter im Rahmen eines Rechtsstreits zu beurteilen hat. Bei einer sog. privilegierten Maßnahme nach § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG liegt sie aber in der Regel nicht vor und Ausnahmen dürften sehr selten sein.
Ganz im Sinne der Gesetzesreform im Dezember 2020 ist es damit gerade für die Eigentümer, die die privilegierten baulichen Veränderungen umsetzen möchten, leichter geworden und kritische Eigen-tümer in der Gemeinschaft müssen regelmäßig zurückstehen. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen, die den Menschen mit Behinderungen dienen, also den Aufzug (siehe auch BGH 9.2.2024 – V ZR 244/22) und, wie hier, die Rampe, aber wohl auch den Treppenlift.
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