von Dr. Thomas Hansen

27. Jun 2024

BGH, Urteil vom 22.3.2024 – V ZR 87/22 zu den Erhaltungskosten

Beschließen die Eigentümer eine Änderung der Kostenverteilung für eine einzelne Erhaltungsmaßnahme, muss nicht zugleich eine entsprechende Regelung für alle künftigen gleich gelagerten Fälle beschlossen werden

Der Fall

Die Eigentümer ändern nach § Abs. 2 Satz 2 WEG den Umlageschlüssel. Erhaltungskosten konkreter defekter Dachflächenfenster werden nicht mehr nach dem Miteigentumsanteil, sondern nur von dem Eigentümer K getragen, in dessen Bereich der Wohnung sich die Dachfenster befinden. Eigentümer K erhebt gegen den Beschluss Anfechtungsklage und rügt, der Umlagebeschluss verletze den Grundsatz der Maßstabskontinuität. Der Beschluss stelle nicht sicher, dass bei einem Fensteraustausch in anderen Wohnungen ebenfalls deren Eigentümer die Kosten zu tragen hätten. Diese Anordnung müsse aber bereits sofort durch einen entsprechenden Grundlagenbeschluss getroffen werden.

Die Entscheidung

Der BGH entscheidet, dass bei einem ersten Beschluss zu Kostenänderung nicht zugleich eine entsprechende Regelung für alle künftigen gleich gelagerten Fälle bestimmt werden muss. Der Gesetzgeber habe bewusst auf bestehenden Beschränkungen verzichtet und von besonderen inhaltlichen Vorgaben abgesehen. Ob und in welcher Art und Weise bei anderen Umlagebeschlüssen die zuvor für eine einzelne Erhaltungsmaßnahme beschlossene Änderung der Kostenverteilung zu berücksichtigen sei, könne nicht hypothetisch für künftige Fälle beurteilt werden, sondern nur für eine konkrete Maßnahme oder einen bereits gefassten, konkreten Beschluss. Zur Prüfung seien die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zu beachten, die erst im Hinblick auf eine konkrete Maßnahme und nicht hypothetisch ermittelt werden könnten.

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Anmerkung

Richtig ist wohl, dass in dem Augenblick, in dem die Kostenverteilung anders beschlossen wird, nicht jeder hypothetische Fall mit betrachtet werden kann, der sich in der Zukunft – auch bei anderen Bauteilen - möglicherweise ergeben wird. Der Blick in die Zukunft wäre mit zu großen Unsicherheiten verbunden. Auch ist der Eigentümer, der mit dem Mehrheitsbeschluss erstmals mit Kosten belastet wird, nicht rechtlos und kann eben bei gleich gelagerten Sachverhalten in der Zukunft einen entsprechenden, veränderten Kostenverteilungsschlüssel als Beschluss fordern.

Schwierig werden dürfte aber die Einordnung der vom BGH insoweit angesprochenen „gleich gelagerten Sachverhalte“ sein. Wird, wie im vorliegenden Fall, der Kostenverteilungsschlüssel für das Bauteil „Fenster“ zulasten einzelner Eigentümer verändert, mag sich die Frage stellen, ob die Erhaltungslast für die „Wohnungseingangstür“ auch einzelnen Eigentümern übertragen werden muss, eben weil es sich um einen „gleich gelagerten Sachverhalt“ handelt. Nach Ansicht des BGH ist dies insbesondere deswegen gerechtfertigt, weil das Fenster in einer Einheit dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch den einzelnen Eigentümer unterworfen ist. Für die Wohnungseingangstür wäre dies aber nicht anders.


Dr. Thomas Hansen

IKB Fachanwälte, Berlin

geboren 1966 in Aachen, Studium und Referendariat in Würzburg und Frankfurt am Main, angestellter Rechtsanwalt 1998 in Frankfurt/Main und Berlin, selbständig seit 2004, Fachanwalt für für Miet- und WEG-Recht seit 2008, Prüfer bei der IHK Berlin.

Dr. Thomas Hansen wirkt am Nomos “Stichwortkommentar Wohnungseigentumsrecht” unter der Leitung von RiKG a.D. Dr. Elzer mit. Das Buch kann beim Verlag hier bestellt werden. Er ist eine Gemeinschaftsarbeit von insgesamt 33 auf das WEG-Recht spezialisierten Juristen.

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